Rechtliche Bedingungen

Rahmenbedingungen und Fristenlösung


In Österreich sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für Schwangerschaftsabbrüche durch die sogenannte Fristenlösung seit 1975 geregelt. Mit diesem Gesetz ist es defacto verboten, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei.
Laut dem Gesetzestext werden nicht nur die Schwangeren bestraft, die einen Abbruch durchführen lassen, sondern auch die Ärzt*innen, die den Abbruch durchführen.

Es gibt keine konkrete Angabe einer Schwangerschaftswoche, bis zu der die Fristenlösung für Schwangerschaftsabbrüche ohne medizinischer Indikation gilt. Die unscharfe Formulierung von „drei Monate[n] nach Schwangerschaftsbeginn“ wird bisher in Österreich interpretiert als drei Monate nach Einnistung der Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut. Der Zeitpunkt der Einnistung liegt etwa 5-7 Tage nach dem Eisprung. Rechnet man mit 30/31 Tagen für einen Monat kommt man damit auf etwa 16 Schwangerschaftswochen nach Menstruation.

Nach Ablauf der ersten drei Monate kann ein Schwangerschaftsabbruch nur unter bestimmten Bedingungen straffrei vorgenommen werden:

  • Wenn eine ernsthafte Gefahr für die körperliche oder seelische Gesundheit oder das Leben der Schwangeren besteht.
  • Wenn eine schwere geistige oder körperliche Behinderung des Kindes zu erwarten ist.
  • Wenn die Schwangere zum Zeitpunkt der Empfängnis jünger als 14 Jahre alt war.


Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr können eigenständig in einen Schwangerschaftsabbruch einwilligen, ohne dass die Zustimmung der Erziehungsberechtigten erforderlich ist. Vor dem 14. Lebensjahr ist für einen Schwangerschaftsabbruch immer die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten erforderlich.

Das grundsätzliche Verbot führt zu einer Stigmatisierung von Schwangeren, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen wollen, sowie den Ärztinnen und Ärzten, die diese medizinische Hilfeleistung anbieten. Wir sind daher der Meinung, dass ein Schwangerschaftsabbruch nicht nur straffrei, sondern legal sein sollte.


Der Gesetzestext in seiner Originalfassung


§ 96 StGB Schwangerschaftsabbruch
StGB – Strafgesetzbuch
Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 20.05.2024
(1) Wer mit Einwilligung der Schwangeren deren Schwangerschaft abbricht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen, begeht er die Tat gewerbsmäßig, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
(2) Ist der unmittelbare Täter kein Arzt, so ist er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, begeht er die Tat gewerbsmäßig oder hat sie den Tod der Schwangeren zur Folge, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(3) Eine Frau, die den Abbruch ihrer Schwangerschaft selbst vornimmt oder durch einen anderen zuläßt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

§ 97 StGB Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs
StGB – Strafgesetzbuch
Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 20.05.2024
(1) Die Tat ist nach § 96 nicht strafbar,
1.
wenn der Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen wird; oder
2.
wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben oder eines schweren Schadens für die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist oder eine ernste Gefahr besteht, daß das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde, oder die Schwangere zur Zeit der Schwängerung unmündig gewesen ist und in allen diesen Fällen der Abbruch von einem Arzt vorgenommen wird; oder
3.
wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Rettung der Schwangeren aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr unter Umständen vorgenommen wird, unter denen ärztliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist.

(2) Kein Arzt ist verpflichtet, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder an ihm mitzuwirken, es sei denn, daß der Abbruch ohne Aufschub notwendig ist, um die Schwangere aus einer unmittelbar drohenden, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr zu retten. Dies gilt auch für die in gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen tätigen Personen.
(3) Niemand darf wegen der Durchführung eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs oder der Mitwirkung daran oder wegen der Weigerung, einen solchen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder daran mitzuwirken, in welcher Art immer benachteiligt werden.